Wie tolerant waren die Hohenzollern? Das Edikt von Potsdam und die Hugenotten in Brandenburg-Preußen. Vortrag von Prof. Dr. Matthias Asche (Universität Potsdam)
Vortrag im Rahmen der Ausstellung "ToleranzRäume Brandenburg" am 30.08.2024 um 17 Uhr im Seminarraum des Stadtarchivs Frankfurt (Oder)
Neben dem Aufbau eines stehenden Heeres, dem Erwerb der preußischen Königskrone und den aufgeklärten Reformen im 18. Jahrhundert gilt das Potsdamer Edikt von 1685 zurecht als Meilenstein in der Geschichte des Aufstiegs der brandenburgischen Hohenzollern von einer mittelmächtigen deutschen Dynastie zu einer europaweit agierenden Großmacht. Es steht am Beginn eines durch die kulturprotestantisch-borussischen Geschichtsschreiber im Rückblick fast schon mythisch verklärten Preußenbildes. Innerhalb eines bis in die Gegenwart aktueller brandenburgischer Landespolitik und öffentlicher Verlautbarungen nachwirkenden Preußen-Mythos wird diesem zweifellos bedeutenden Einladungspatent des Großen Kurfürsten eine besondere Modernität und Toleranz des Hohenzollern-Staates zugeschrieben. Diese, in der kollektiven Erinnerung wirkmächtige Deutung des Potsdamer Edikt freilich ist – gerade wegen der ungebrochenen Popularität des Großen Kurfürsten, nicht nur im Bundesland Brandenburg – kritisch zu prüfen. So werden der historische Entstehungszusammenhang des Potsdamer Edikts, seine Inhalte und konkreten Umsetzungen, aber auch die vom Großen Kurfürsten verfolgten innen- und außenpolitischen Ziele in den Blick genommen. Auch und gerade unter Berücksichtigung der im Umfang beachtlichen hohenzollernschen Siedlungs- und Kolonisationspolitik im Gefolge des Dreißigjährigen Krieges wird so deutlich, dass das Potsdamer Edikt beileibe kein „Toleranzedikt“ war – es aus der Sicht des Großen Kurfürsten auch nie gewesen sein sollte. Es war vielmehr ein im Zeitkontext raffiniertes Instrument einer restriktiven, im Kern letztlich intoleranten Kirchenpolitik der Hohenzollern, welches erst später durch deren Hauptnutznießer – die Hugenotten – zu einem überschwänglich positiv gefeierten Bestandteil der preußischen Staatslegende wurde.
Prof. Dr. Matthias Asche ist seit 2016 Inhaber der Professur für Allgemeine Geschichte der Frühen Neuzeit an der Universität Potsdam und beschäftigt sich in seiner Forschung u.a. mit Bildungs-, Wissens- und Kulturtransfer und der Sozial- und Kulturgeschichte der Migration in der frühen Neuzeit.
Autor/in: Toleranzräume Brandenburg
Quelle: Toleranzräume Brandenburg