Neue Schenkung an das Stadtarchiv
Am 6. November erhielt das Stadtarchiv von der Fielmann AG eine kostbare Schenkung. Der Nachlass des einstigen Frankfurter Oberbürgermeisters Georg Richter konnte aus dem Besitz seiner heute in Starnberg lebenden Nachkommen für unsere Stadt Frankfurt (Oder) erworben werden.
Damit setzt das Unternehmen, das mit einer großen Filiale in unserer Stadt vertreten ist, ihr seit nunmehr 15 Jahren andauerndes Engagement für die historische Überlieferung der Stadt, die einst – von 1772 bis 1789 durch den Nürnberger Optiker Hieronymus Meyer – ein Zentrum der Brillenproduktion war, fort.
Über die Übergabe des Nachlasses am 6. November 2018 berichteten unter anderem die „Märkische Oderzeitung“ und „Der Oderlandspiegel“.
In der „Märkischen Oderzeitung“ vom 8. November, Seite 16, erschien nachfolgender Beitrag:
"Stadtgeschichte pur" / Archiv erhält Schenkung aus dem Nachlass des einstigen Oberbürgermeisters Georg Richter
Von Thomas Gutke
Frankfurt. Seine Amtszeit prägt das Stadtbild noch heute. Die Rede ist von Georg Richter, Oberbürgermeister von 1903 bis 1917. Jetzt gelang es dem Stadtarchiv mit Unterstützung des Unternehmens Fielmann, den Nachlass des Frankfurter Ehrenbürgers zu sichern.
Briefe, Reden, Urkunden und Dutzende weiterer Dokumente aus der Zeit um die Jahrhundertwende: Ralf-Rüdiger Targiel breitete einen kostbaren historischen Schatz auf dem großen Tisch in seinem Büro aus. „Das ist Stadtgeschichte pur“, freute sich der Stadtarchivar über den aus Privatbesitz angekauften Nachlass, den Optikermeister Ulrich Renner am Dienstag offiziell als Schenkung der Stadt übergab. Wobei sich die wertvollen Dokumente schon länger in Obhut des Archivs befanden, wie Ralf-Rüdiger Targiel erklärte. „Der Nachlass wurde uns schon vor einer Weile von einem Nachkommen aus Starnberg zum Kauf angeboten. Da wir das nicht finanzieren konnten, wurde er uns zunächst als Depositum überlassen. Jetzt konnten wir die Dokumente in das Eigentum der Stadt übernehmen.“
Möglich gemacht hat das die Fielmann AG mit ihrer Niederlassung in Frankfurt. Das Augenoptik-Unternehmen unterstützt die Stadt bereits seit 2004 Jahr für Jahr beim Ankauf wertvoller Archivalien; darunter Gemälde, Urkunden, Nachlässe. „Wir haben der Stadt und den Bürgern viel zu verdanken, da geben wir gerne etwas zurück“, sagt Niederlassungsleiter Ulrich Renner.
Wilhelm Eduard Georg Richter wurde 1853 als Sohn eines Juweliers und Goldschmieds in Frankfurt geboren. Bereits ab 1882 nahm der Jurist als Stadtrat Einfluss auf die Geschicke der Stadt. Von 1891 bis 1902 war er in Hirschberg als Oberbürgermeister tätig, ehe er in seine Heimatstadt zurückkehrte, zum Stadtoberhaupt gewählt und am 1. Oktober 1903 ins Amt eingeführt wurde. „Während seiner Amtszeit ist in Frankfurt unheimlich viel passiert“, sagt Targiel. Zu den wichtigen Projekten, die er teils von seinem Vorgänger übernahm, zählt etwa der 1913 errichtete Anbau am Rathaus. Zudem wurden die Stadtbücherei (1906) und das Real-Gymnasium (1911/heute Liebknecht-Gymnasium) eröffnet. Auch bekam Frankfurt ein Denkmal für den bekanntesten Sohn der Stadt, den Dichter Heinrich von Kleist (1910). 1915 wurde Richter für eine zweite Amtszeit gewählt. „Doch mit dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges veränderten sich die Anforderungen an das Amt. Er war der richtige Mann für seine Zeit. Aber Problemen wie der Nahrungsmittelknappheit war er bald nicht mehr gewachsen“, erklärt der Stadtarchivar. Im Herbst 1916 bat der OB um die Versetzung in den Ruhestand, am 1. Februar 1917 schied er aus dem Amt aus. Wenige Tage später ernannte ihn die Stadt zum Ehrenbürger. Er verstarb im Jahr 1925.
Der handgefertigte Bürgerbrief zur Verleihung der Ehrenbürgerwürde gehört zu den wertvollsten Stücken der Sammlung. Er ist mit einem Ledersiegel versehen und bildet ikonografisch das Selbstverständnis einer von Industrialisierung und Handel geprägten Stadt ab. Daneben finden sich in dem Nachlass aber auch Dokumente wie ein Reisepass im Zeitungsformat, mit dem Richters Vater seinerzeit nach Wien reiste. Oder eine genealogische Übersicht über die Familiengeschichte, die bis in das Jahr 1660 zurückreicht. Stadtgeschichtlich von großer Bedeutung ist ebenso eine Sammlung ausgewählter Redemanuskripte; ein Weihnachtsgeschenk an den Sohn.
Zu den kuriosen, aber nicht minder interessanten Hinterlassenschaften zählen Speise- und Getränkekarten. Sie lassen Rückschlüsse auf die Preisentwicklung für Nahrungsmittel zu. Und geben Ralf-Rüdiger Targiel Grund zu der Annahme: „Georg Richter muss ein ausgesprochener Weinliebhaber gewesen sein.“