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Baugeschichte und Stadtbauforschung

Quellenwegweiser zur Geschichte von Gebäuden und des Städtebaus in der europäischen Doppelstadt Frankfurt-Słubice

Die Stadt Frankfurt (Oder) besaß vor dem Zweiten Weltkrieg eine vielseitige und architektonisch wertvolle Bebauung aus allen Epochen, Beweis der herausragenden Bedeutung als brandenburgische Handelsmetropole, als Universitäts-, Garnisons- und Verwaltungsstadt. Neben Rathaus, Kirchen, Behörden, Schulen und Kasernen, sind es die teils kunstvoll verzierten Bürgerhäuser und Stadtvillen, die das Erscheinungsbild so unverwechselbar machten. Noch heute zeugen erhaltene Fassaden, Kellergewölbe und Bodenfunde von reichhaltigen Ausstattungen. Durch den Zweiten Weltkrieg wurde die Innenstadt nahezu vollständig zerstört und der östlich der Oder gelegene Stadtteil „Dammvorstadt“ zur polnischen Stadt Słubice. In der Nachkriegszeit galt es zunächst zügig Wohnraum zu schaffen, später wurden Konzepte der sozialistischen Stadtbauplanung umgesetzt und damit die gewachsene Stadttopografie weitgehend überformt. Seit den 1980er Jahren lässt sich eine Rückbesinnung auf die historische Stadtstruktur feststellen. Der Bevölkerungsrückgang um die Jahrtausendwende erforderte neue Konzepte des Städtebaus. Rückbau der Außenbezirke und Verdichtung der Innenstadt sollten die Folgen des Schrumpfens kompensieren und technische, wirtschaftliche und soziokulturelle Infrastrukturen optimieren. Mit dem Beitritt Polens zur Europäischen Union und dem Wegfall der Grenzanlagen im Jahr 2007 wachsen Frankfurt (Oder) und Słubice als europäische Doppelstadt zusammen.

Stadtbauforschung ist Teil mehrerer Disziplinen, ob in der Stadt- und Architektursoziologie, in der Archäologie, der Denkmalpflege oder der Restaurierung, sie alle benötigen für ihre Forschungsvorhaben eine belastbare Quellengrundlage. Schließlich ist auch jede Bauherrin und jeder Bauherr bei der Planung von Neu- und Umbauten auf Unterlagen angewiesen, in denen der Vorzustand eines Gebäudes oder die Zu- und Abgangsleitungen im Boden ersichtlich sind.


Für die Frühneuzeit ist die Überlieferung des Magistrats die wichtigste Quellengrundlage. Ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts hat die städtische Baupolizeiverwaltung zu allen Gebäuden Akten geführt. Darin enthalten sind Bauanträge und deren Genehmigungsverfahren. Diese 1945 geschlossenen Akten sind nahezu vollständig im Bestand StAFF, 1-103 Magistratsbauverwaltung Frankfurt (O) überliefert. Die Akten über Grundstücke in der ehemaligen Dammvorstadt werden im Staatsarchiv Gorzów Wielkopolski als Teilbestand 66/260/0 Akta miasta Frankfurtu nad Odrą (Akten der Frankfurter Baupolizeiverwaltung 1849-1944) verwahrt. Beide Bestände enthalten darüber hinaus auch Bauakten zu öffentlichen Gebäuden, Straßen, Plätzen oder zur technischen Infrastruktur. Für die eingemeindeten Ortsteile der Stadt, die bis 1945 Teil des Kreises Lebus waren, war nicht die städtische Baupolizei, sondern das Landratsamt Lebus bzw. die Frankfurter Provinzialregierung die genehmigende Behörde. Die Bestände BLHA, Rep. 6B Kreisverwaltung Lebus, BLHA Rep. 27A Hochbauamt Frankfurt (O) und BLHA, Rep. 3B Regierung Frankfurt (O) werden im Brandenburgischen Landeshauptarchiv überliefert. Eine geringe Zahl von Bauunterlagen zu Gebäuden in den Ortsteilen sind bei der Eingemeindung als Teil der Ortsüberlieferung unter den Bestandssignaturen StAFF, 2-222 Rat der Gemeinde Booßen, StAFF, 2-223 Rat der Gemeinde Hohenwalde (mit Vorakten), StAFF, 2-224 Rat der Gemeinde Lossow (mit Vorakten) und StAFF, 2-251 Rat der Gemeinde Güldendorf übernommen worden. Die Grundbücher der Stadt Frankfurt (O) werden im Bestand BLHA, Rep. 105 Zentrales Grundbucharchiv im Brandenburgischen Landeshauptarchiv verwahrt.


Nach 1945 war die Bauverwaltung des Rates der Stadt Frankfurt (Oder) für die Baugenehmigungsverfahren zuständig. Die Bauakten für bestehende Gebäude werden seitdem weitergeführt und befinden sich heute im zuständigen Bauamt der Stadtverwaltung. Nur Bauakten von abgerissenen Gebäuden gelangen ins Stadtarchiv. Bauakten von bestehenden Gebäuden nach 1945 sind daher beim Bauaktenarchiv des Bauamtes einzusehen.

Stadtbauplanung ist ein Kerngeschäft der Stadtverwaltung. Die strategische Ausrichtung ist ab 1945 in der amtlichen Überlieferung auf Dezernatsebene und der daran angeschlossenen städtischen Bauämter und Planungsbüros in folgenden Beständen überliefert:

  • StAFF, 2-111 Rat der Stadt Frankfurt (O) 1945-1952
  • StAFF, 2-122 Rat der Stadt Frankfurt (O) 1952-1990
  • StAFF, 5-120 Stadtverwaltung Frankfurt (O) ab 1990

Weil viele Stadtentwicklungsinitiativen vom Stadtparlament ausgehen oder dort beraten und beschlossen werden, sind auch folgende Bestände relevant:

  • StAFF, 2-111 Stadtverordnetenversammlung Frankfurt (O) 1945-1952
  • StAFF, 2-112 Stadtverordnetenversammlung Frankfurt (O) 1945-1990
  • StAFF, 5-110 Stadtverordnetenversammlung Frankfurt (O) ab 1990

Für die Baugeschichte und Stadtbauforschung sind ferner die Bestände StAFF, 2-209 VEB Bau, StAFF, 2-1330 Büro für Stadtplanung Franfurt (O), StAFF, 2-288 VEB Betonwerke Frankfurt (Oder) / Märkische Betonfertigteile GmbH sowie StAFF, 2-1302 Stadtdirektion für Straßenwesen Frankfurt (O) (mit Vorakten) einschlägig.

Bei Gebäuden mit grenzüberschreitender Bedeutung oder Gebäuden im heutigen Słubice sind Überlieferungen von polnischen Behörden im Staatsarchiv Gorzów Wielkopolski zu untersuchen, für die Baugeschichte und Stadtbauforschung sind u.a. folgende Bestände relevant:

  • 66/237/0 Prezydium Powiatowej Rady Narodowej i Urząd Powiatowy w Słubicach (Präsidium des Kreisnationalrats und Kreisverwaltung in Słubice) [1946] 1950-1975; enthält u.a. Zusammenarbeit zwischen Słubice und Frankfurt (Oder)
  • 66/238/0 Prezydium Miejskiej Rady Narodowej w Słubicach (Präsidium des Stadtnationalrates in Słubice) 1947-1973
  • 66/275/0 Gminna Rada Narodowa w Słubicach (Gemeindenationalrat in Słubice) 1946-1954
  • 66/266/0 Zarząd Miejski i Miejska Rada Narodowa w Słubicach (Gemeindeverwaltung und Gemeindenationalrat in Słubice) 1945-1950
  • 66/652/0 Urząd Miasta i Gminy i Rada Narodowa Miasta i Gminy w Słubicach  (Stadt- und Gemeindeamt und Nationalrat der Stadt und Gemeinde Słubice) 1973-1990
  • 66/660/0 Wojewódzkie Biuro Projektów w Gorzowie Wielkopolskim (Wojewodschaftsbüro für Projekte in Gorzów Wielkopolski) 1963-1991
  • 66/971/0 Wojewódzkie Biuro Planowania Przestrzennego w Gorzowie Wielkopolskim (Wojewodschaftsbüro für Raumplanung in Gorzów Wielkopolski) 1957-1999; enthält u.a. Raumentwicklungspläne für die Stadt Słubice.

Ergänzend zur Aktenüberlieferung können im Stadtarchiv die 304 Karten und Pläne der städtischen Plankammer bis 1945 im Bestand StAFF, 1-103 Magistratsbauverwaltung (O) sowie  weitere 1007 Karten und Pläne im Sammlungsbestand StAFF, 3-600 Karten und Pläne heranzogen werden. Ferner sind Fotografien wertvolle Quellen zur Baugeschichte und Stadtbauforschung. Der Sammlungsbestand StAFF, 3-130 Fotografien enthält Aufnahmen von Gebäuden, Straßen und Plätzen ab der Mitte des 19. Jahrhunderts, darunter Fotografien des Frankfurter Traditionsbetriebes Fricke und vom Stadtbildfotografen Rudolf Hartmetz.

Das Integrierte Stadtentwicklungskonzept (INSEK) untersucht den gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und kulturellen Zustand der Stadt und entwickelt daraus Handlungsziele und -pläne. Ziel des Stadtumbaus ist u.a. die Beseitigung von Wohnraumleerstand durch Rückbau sowie die Aufwertung der Stadtteile durch Wohnraumsanierung und Ausbau der technischen und soziokulturellen Infrastruktur. Die sich daraus ergebenden städtebaulichen Umbaumaßnahmen werden seit 2004 durch die ehrenamtlichen Fotografinnen und Fotografen Monika Glabsch, Klaus Köstel und Martin Fricke im Bild für die Nachwelt festgehalten. Ihre Fotografien dokumentieren die Veränderungen des Stadtbildes und werden dem Sammlungsbestand StAFF, 3-130 Fotografien angereichert. Zwei filmische Stadtrundgänge in den Jahren 1990 und 2010 dokumentieren den Wandel des Stadtbildes in der jüngsten Vergangenheit. Sie befinden sich zusammen mit weiteren Filmquellen, u.a. des Amateur-Film-Clubs, im Sammlungsbestand StAFF, 3-130 Filme.

Die Sammlungsbestände StAFF, 3-812 Dokumentation Bauen und Bevölkerungsentwicklung, StAFF, 3-808 Dokumentation Wirtschaft, Kommunikation und Verkehr und StAFF, 3-811 Dokumentation Umwelt und Natur enthalten Unterlagen zu Frankfurter Bauprojekten, darunter 21 Karten und Pläne des Hochbauingenieurbüros Griesche aus der Zeit 1940 bis 1955, 8 Fotodokumentationen von Bauvorhaben des Architekturbüros Albeshausen und Hänsel ARCHIKON GmbH in der Zeit 1995 bis 1999, Unterlagen zu den Bauprojekten des Architekturbüros Thaler, des Architektur- und Ingenieurbüros Klaus Güntzel, des Architekturbüros Hans Tulke sowie Bauprojekte der Brandenburgischen Beratungsgesellschaft für Stadterneuerung und Modernisierung mbH. Im Sammlungsbestand StAFF, 3-200 Grafiken sind Architekturzeichnungen des Stadtarchitekten Manfred Vogler aus den 1980er Jahren überliefert.

Im Stadtarchiv sind Vor- und Nachlässe von Personen überliefert, die im Baugewerbe oder bei der städtischen Bauverwaltung tätig waren. Für die Baugeschichte und Stadtbauforschung sind folgende Bestände heranzuziehen:

  • StAFF, 6-052 Behnsen, Alfred (geb. 1890), Architekt
  • StAFF, 6-067 Beringer, Wilhelm (1887-1945), Hochbaudezernent und Architekt, Musiker
  • StAFF, 6-062 Dorst, Eric, Architekt
  • StAFF, 6-050 Feldmann, August (1865-1924), Stadtgärtner
  • StAFF, 6-041 Hensch, Werner und Dorothea, Architekt, Bibliothekarin
  • StAFF, 6-054 Hesse, Carl Friedrich (1849-1917), Bau- und Regierungsrat
  • StAFF, 6-138 Kießling, Martin (1879-1944), Architekt und Ministerialdirektor der Hochbauabteilung des preußischen Finanzministeriums
  • StAFF, 6-061 Kuhlisch, Max (1905-1977), Baumeister, Bauunternehmer
  • StAFF, 6-096 Kunath-Coßmann, Günter (1907-1939) Regierungs-Bauassesor
  • StAFF, 6-084 Zarn Rudi, Architekt, Mitarbeiter des Frankfurter Büros für Stadtplanung und stellvertretender Stadtarchitekt
  • StAFF, 6-069 Zimmermann, Klaus-Dieter (1939) Amtsleiter Umwelt und Naturschutz in der Stadtverwaltung Frankfurt (O)

In der Archivbibliothek befinden sich Druckschriften und Publikationen zur Baugeschichte und Stadtbauplanung, darunter "Ostmarkbauten - Städtebau in einer Mittelstadt“ von Martin Kießling aus dem Jahr 1925. Im Jahr 2019 wurde der Nachlass des für Frankfurt so wichtigen Architekten übernommen und seine Handbibliothek mit Literatur zur Architektur in die Archivbibliothek integriert.

Für einige öffentliche Bauten des 18. und 19. Jahrhunderts befinden sich Unterlagen des preußischen Oberbaudepartements in der Bestandssignatur GStA PK, II. HA GD, Abt. 30 Oberbaudepartment in der Nachfolge im Bestand GStA PK, I. HA, Rep. 93 Ministerium der öffentlichen Arbeiten. Nach den preußischen Reformen besaß auch die Frankfurter Provinzialregierung Planungskompetenz, die Karten werden im Geheimen Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz unter der Bestandssignatur GStA PK, XI. HA, Plankammer Frankfurt (O) verwahrt, die Aktenüberlieferung befindet sich im Bestand BLHA, Rep. 3B Regierung Frankfurt (O) des Brandenburgischen Landeshauptarchivs.

Die Fachaufsicht und die übergeordnete Stadtbauplanung in der DDR übte das Ministerium für Bauwesen aus, die Unterlagen werden im Bundesarchiv unter der Bestandssignatur BArch, DH 1 Ministerium für Bauwesen überliefert. Zur Erforschung des Städtebaus in der DDR sind ferner hinzuziehen der Bestand BArch, DY Abteilung Bauwesen im ZK der SED sowie Bauplanungsunterlagen in den Beständen BLHA, Rep. 601 Bezirkstag und Rat des Bezirks Frankfurt (O), BLHA, Rep. 606 Büro für Städtebau des Bezirks Frankfurt (O) sowie BLHA, Rep. 603 Büro für Verkehrsplanung des Bezirks Frankfurt (O) im Brandenburgischen Landeshauptarchiv. In der Bundesrepublik übt das brandenburgische Ministerium für Infrastruktur und Landesplanung die Fachaufsicht über die Stadtbauplanung aus, der Bestand wird unter der Bestandssignatur BLHA, Rep. 2000 Ministerium für Infrastruktur und Landesplanung ebenfalls im Brandenburgischen Landeshauptarchiv überliefert.

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